Der ORC ist mit über 30 Startern bei die am stärksten besetzte Kategorie in der Österreichischen Rallye Meisterschaft. Sowohl im ORC als auch in der Subwertung ORC 2000 ist es bei Halbzeit jedoch nicht unwahrscheinlich,, dass jene Fahrer, die aktuell in Führung liegen, am Ende nicht den Titel holen werden.

Text/Fotos: Werner Schneider

Der ORC (Österreichischer Rallye Cup) ist aktuell klar die beliebteste Kategorie in der österreichischen Rallye-Landschaft. 39 Starter bei der Jännerrallye, 36 Starter im Rebenland und 35 Starter im Lavanttal sprechen für sich.

Dass dabei Fahrer, die nach drei von sechs Läufen klar in Führung liegen, am Jahresende wahrscheinlich nicht mehr vorne sein werden, ist ein seltsames Phänomen. Aber der Reihe nach:

Der Mann der ersten Saisonhälfte im ORC ist eindeutig Hermann Gaßner (Mitsubishi Lancer Evo X R4). Der legendäre Oberbayer mit mehr als 600 Rallyes auf dem Buckel, könnte sogar noch weiter vorne liegen, hätte er nicht bei der Jännerrallye in der allerletzten Sonderprüfung noch Lokalmatador Johann Seiberl (Mitsubishi Lancer Evo VI) ganz knapp Platz machen müssen und dadurch lediglich Platz 3 belegt. Es folgte ein 2. Platz im Rebenland und ein beeindruckender Sieg im Lavanttal, wo aufgrund der Wetterverhältnisse die gewaltige Erfahrung des mehrfachen deutschen und österreichischen Meisters besonders zum Tragen kam.

Die 27 Punkte-Führung bei Halbzeit scheint jedoch eher bedeutungslos zu sein, weil aufgrund seiner Mitropa-Cup-Verpflichtungen – wo er Rekordtitelträger ist - nicht erwartet werden kann, dass Gaßner in der zweiten Saisonhälfte noch in der ÖM zu sehen sein wird. 

Eigentlicher Favorit ist dadurch Christoph Zellhofer (Suzuki Swift ZMX Proto), obwohl dessen erste Saisonhälfte bisher alles andere als wunschgemäß verlaufen ist. Bei den ersten beiden Rallyes benötigte er nach Technikausfällen in der 1. Etappe jeweils einen Restart um überhaupt noch ein paar Punkte holen zu können. Und selbst im Lavanttal lief es nicht ideal, obwohl der Reifenschaden am Freitag letztendlich keinen Unterschied machte. Mehr als Platz 2 wäre gegen den an diesem Wochenende einfach unschlagbaren Gaßner nicht möglich gewesen. Im Unterschied zu Gaßner ist allerdings zu erwarten, dass der Sohn des ZM Racing-Teamchefs und Ex-Staatsmeisters Max Zellhofer seinen Suzuki bei allen verbleibenden ÖM-Läufen an den Start bringen wird. 

Die Gegner werden mannigfaltig sein, aber wohl nicht bei jedem Lauf am Start. Ex-Champion Martin Kalteis gewann zwar erwartungsgemäß im Rebenland, konzentriert sich aber inzwischen vor allem auf neue berufliche Herausforderungen. Jännerrallye-Sieger Philip Kohn (Ford Fiesta Rally3) wird wohl auch eine Eintagsfliege bleiben und so kann nur vom Obersteirer Peter Hopf (Mitsubishi Lancer Evo VII) erwartet werden, dass er zumindest bei zwei der drei ausstehenden Läufe am Start stehen wird. Hopf ist zweifellos eine Entdeckung, denn 2023 ist seine Premierensaison und seine Steigerung von Rallye zu Rallye augenscheinlich. 

Der ORC 2000 besteht die kuriose Situation, dass sich der klar führende Luca Pröglhöf aus Sittendorf im Wienerwald (Ford Fiesta ST MkVI M1) wegen seiner doppelgleisig geführten Saison vermutlich selbst um den Titel bringen wird, sollte nicht Außergewöhnliches passieren. Einem 2. Platz bei der Jännerrallye hinter dem überlegenen VW Golf III Kit Car der Brüder Michael und Markus Franz aus dem Waldviertel (die dann im Rebenland durch Unfall ausfielen und daher im Lavanttal fehlten) folgten Siege im Rebenland und Lavanttal. Da Pröglhöf aber parallel zur österreichischen Meisterschaft seine zweite Saison im deutschen ADAC-Opel-e-Rallye-Cup absolviert und diesem Championat Priorität einräumt, wird er während der W4-Rallye in der Schweiz fahren und bei der Rallye Weiz nicht im Fiesta, sondern im Elektro-Opel sitzen und damit gleich zweimal einen Nuller schreiben. 

Somit bleiben nur die Brüder Raphael und Lukas Dirnberger (jeweils Ford Fiesta ST MkVIII), die nach momentanem Stand alle drei verbleibenden Läufe bestreiten werden. Beide hatten schon einige Probleme mit Halbachs-Defekten, die ihnen etliche Punkte kosteten, aber mit zwei Rallyes mehr als Pröglhöf wird zumindest einer der beiden wohl in der Endabrechnung vor dem momentanen Tabellenführer liegen.

Unabhängig davon spricht die Starterzahl im österreichischen Rallye Cup für das Prädikat, die weitere Entwicklung in der zweiten Saisonhälfte im Breitensport-Prädikat startet dieses Wochenende.